Beschaffenheitsvereinbarung und Haftungsausschluss beim Gebrauchtbootkauf

Die Zustandsbeschreibung in einem Verkaufsinserat weicht manchmal von dem nach Erwerb zu Tage tretende Zustand des Gebrauchtboots ab. Dies führt zu Unmut beim Käufer und häufig auch zu rechtlichen Auseinandersetzungen. Das Land- und Oberlandesgericht Hamburg mussten im nachfolgenden Fall entscheiden, welche Bedeutung den Angaben in einem Verkaufsinserat zukommt, ob eine Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt und ob den im Raum stehenden Schadensersatzansprüchen ein Haftungsausschluss entgegensteht.

Der Fall

Der Käufer erwarb im Sommer 2012 eine über 50 Jahre alte Segelyacht (Baujahr 1959) für einen Kaufpreis von 31.000,00 EUR. In dem Verkaufsinserat hieß es u.a. „…neuwertiger Motor …werftgepflegter Klassiker in gutem Zustand“.

Rund ein Jahr nach Erwerb und Übergabe der gebrauchten Segelyacht nahm der Käufer Kontakt zum Voreigentümer der Yacht auf und forderte ihn zur Reparatur bzw. Erstattung der Reparaturkosten auf. Der Käufer informierte den Verkäufer, dass der Motor im Herbst 2012 von einer Werft überprüft worden war, nachdem der Motor beim Ein- und Auslaufen oft ausgefallen war. Die Überprüfung hätte ergeben, dass das Kühlsystem falsch installiert worden sei. Hierdurch sei, so der Käufer weiter, Meerwasser in den Motor gelangt und der Motor stark beschädigt worden.

Der Verkäufer wies die Forderung des Käufers zurück. Er verwies auf den von ihm vorgelegten Standardkaufvertrag und den darin enthaltenen Gewährleistungsausschluss. Der Käufer erhob daraufhin Klage vor dem Landgericht Hamburg und machte u.a. Reparaturkosten, entgangene Chartergebühren sowie die Kosten für den nicht nutzbaren Sommerliegeplatz geltend. Zur Begründung trug er vor, dass der Mangel bereits bei Übergabe vorgelegen hätte und der Voreigentümer diesen Mangel bei Verkauf arglistig verschwiegen hätte. Der vertraglich geregelte Gewährleistungsausschluss greife daher nicht.

Der Verkäufer trat dem entgegen. Das Inserat sichere keine Eigenschaft zu, sondern stelle lediglich eine zutreffende Beschreibung dar. Der Motor sei im Jahr 1998 neu eingebaut und in den Jahren 2008 und 2011 kostenintensiv überholt worden. Die durchgeführten Reparaturen habe er dem Käufer auch vollständig offengelegt und ihm die entsprechenden Rechnungen vorgelegt. Der Kläger selbst habe die Yacht durch einen Spezialisten begutachten lassen. Bei Übergabe hätten keine Mängel vorgelegen, die Startschwierigkeiten seien angesprochen worden und er habe den Starter auf seine Kosten austauschen lassen. Eine Arglist läge nicht vor. Der Gewährleistungsausschluss sei wirksam.

Das Landgericht urteilte, dass dem Käufer die klageweise geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen (LG Hamburg, Urteil vom 18.04.2017 – 317 O 253/13).

Zunächst befasste sich das Gericht mit der Frage, was der Erwerber aufgrund der Bezeichnung „neuwertiger Motor“ erwarten durfte. Die Bezeichnung „neuwertiger Motor“ sei, so das Gericht, wenig präzise und zur Beschaffenheitsvereinbarung ungeeignet, weil damit nicht mehr als eine einwandfreie Funktion beschrieben werde. Eine Gewähr im Sinne eine Haltbarkeitsgarantie sei mit dieser Umschreibung nicht übernommen worden.

In einem zweiten Schritt überprüfte das Landgericht den vom Verkäufer vorgelegten Standardkaufvertrag bzw. den darin enthaltenen Gewährleistungsausschluss für Sachmängel. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass der Gewährleistungsausschluss den gesetzlichen Vorgaben nicht genügte. Der Gewährleistungsausschluss war damit unwirksam und es kam letztendlich auf die Frage an, ob der Motor der verkauften Yacht bereits im Zeitpunkt der Übergabe einen Mangel hatte. Der gerichtlich bestellte Sachverständige konnte nicht zweifelsfrei feststellen, ob vor Übergabe der Yacht aufgrund des falsch installierten Kühlsystems Seewasser in den Motor gelangt war und diesen beschädigt hatte.

Aufgrund dieser Feststellung des Sachverständigen blieb der Käufer beweisfällig und verlor das Verfahren vor dem Landgericht. Auch vor dem Oberlandesgericht Hamburg (OLG Hamburg, Urteil vom 08.10.2018 – 6 U 79/17) und dem Bundesgerichtshof drang der Käufer mit seinem Begehr nicht durch.

Einordnung: Beschaffenheitsvereinbarung und Haftungsausschluss

Ist eine Sache – hier: gebrauchtes Sportboot – mangelhaft, kann der Käufer je nach Fallkonstellation die Reparatur, Schadensersatz oder den Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen. Denkbar ist auch ein Rücktritt vom Kaufvertrag oder eine Minderung des Kaufpreises.

Anknüpfungspunkt der Ansprüche ist stets das Vorliegen eines Sachmangels bei Gefahrübergang. Der Gefahrübergang erfolgt in der Regel mit Übergabe der Sache. Ein Sachmangel liegt vor, wenn die Sache nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat, d.h. der Ist-Zustand vom vereinbarten Soll-Zustand abweicht. Gegenstand von Beschaffenheitsvereinbarungen können insbesondere Eigenschaften sein, die der Sache selbst anhaften (neu, gebraucht, Alter, Größe, Motorkraft, Osmosefreiheit, technische Ausstattung etc.).

Der Begriff der Neuwertigkeit („neuwertiger Motor“) war nach Rechtsauffassung des Landgerichts zur Beschaffenheitsvereinbarung mangels hinreichender Präzision untauglich. Dies kann man sicherlich auch anders sehen. Interessant ist, dass sich das Gericht überhaupt mit der Frage auseinandersetzte, ob die im Inserat erfolgte Beschreibung „neuwertiger Motor“ eine vereinbarte Beschaffenheit darstellen kann. Ein Inserat stellt zunächst nur eine einseitige Beschreibung des Kaufgegenstand durch den Verkäufer und eine Einladung zur Abgabe eines Kaufangebotes dar. Eine Beschaffenheitsvereinbarung setzt indes, wie der Name schon sagt, eine Vereinbarung der Vertragsparteien voraus. Die Vereinbarung muss eindeutig sein, eine Vermutungsregelung, dass im Zweifel eine Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt, besteht nicht. Mithin ist in jedem Einzelfall zu klären, ob die Vertragsparteien den Inhalt eines Inserats zur Festlegung der Sollbeschaffenheit herangezogen haben. Ob und wie im hiesigen Fall eine Beschaffenheitsvereinbarung zustande gekommen war, musste das Landgericht nicht entscheiden, da es dem Begriff der Neuwertigkeit die Eignung zur Festlegung einer Beschaffenheit absprach.

Fehlt es – wie hier – an einer Beschaffenheitsvereinbarung, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sich die Kaufsache zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung eignet. Notwendig ist, dass die Parteien eine gewisse Verwendung übereinstimmend unterstellen oder vertraglich vereinbaren. Eignet sich der Kaufgegenstand für diese Verwendung nicht oder ist die Eignung gemindert, liegt ein Sachmangel vor.

Fehlt es – wie hier – an einem besonderen Verwendungszweck der Kaufsache, kommt es darauf an, ob sie sich zu der gewöhnlichen Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Sowohl die übliche als auch die zu erwartende Beschaffenheit können dabei durch öffentliche Äußerungen des Verkäufers (z.B. ein Inserat) geprägt werden.

Das Gericht musste hier klären, ob der Motor sich für die gewöhnliche Verwendung eignete und eine Beschaffenheit aufwies, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten konnte. Bei der Ermittlung des Erwartungshorizonts war auch das Inserat heranzuziehen. Aufgrund der im Inserat erfolgten Beschreibung „neuwertiger Motor“ durfte der Käufer einen funktionsfähigen Motor erwarten. Wegen der Motorausfälle stand die Funktionsfähigkeit des Motors in Frage. Das Gericht hatte Beweis zu erheben. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass im Zeitpunkt der Übergabe ein durch Salzwasser verursachter Defekt des Motors nicht sicher festzustellen sei. Das Landgericht verneinte daher einen Sachmangel bei Gefahrübergang und wies die Klage ab. 

Hätte der Sachverständige das Bestehen eines Sachmangels bei Übergabe festgestellt, wäre das Urteil zu Lasten des Verkäufers ausgefallen. Der im Mustervertrag enthaltene Haftungsausschluss hätte dem Verkäufer nicht geschützt, da die Klausel nach den Feststellungen des Gerichts unwirksam war.

Wäre der Gewährleistungsausschluss indes wirksam gewesen, wäre eine Haftung des Verkäufers trotz der Darstellungen im Inserat ausgeschlossen gewesen. Etwas anderes gilt nur für den Fall, dass der Verkäufer über den Mangel arglistig getäuscht bzw. den Mangel arglistig verschwiegen hätte. Ein wirksam vereinbarter Gewährleistungsausschluss greift zudem nicht, wenn der Sachmangel auf einer Beschaffenheitsvereinbarung beruht, denn der Gewährleistungsausschluss erstreckt sich nicht auf vereinbarte Beschaffenheiten.

Praxishinweis

1. Ein Käufer eines Gebrauchtbootes sollte über alle ihm wichtigen Eigenschaften eine Beschaffenheitsvereinbarung treffen und die getroffene Vereinbarung dokumentieren.

2. Ein Verkäufer, der einen Gewährleistungsausschluss vereinbaren möchte, sollte sicherstellen, dass dieser Ausschluss wirksam ist. Andernfalls ist er trotz (vermeintlichem) Gewährleistungsausschluss für Sachmängel einstandspflichtig. Liegt allerdings eine Beschaffenheitsvereinbarung vor, ist dem Verkäufer die Berufung auf den Gewährleistungsausschluss verwehrt, der Verkäufer muss sich an der abgegebenen Zusicherung festhalten lassen.