Bootskauf: Beschaffenheitsvereinbarung auch per WhatsApp möglich

Das Brandenburgische Oberlandesgericht befasste sich in seiner Entscheidung vom 09.06.2020 (OLG Brandenburg, Urteil vom 09.06.2020 – Az. 6 U 122/19) mit einem Bootskauf und der Frage, ob eine Beschaffenheitsvereinbarung auch per Whats-App getroffen werden kann.

Der Fall  

Der Kläger erwarb vom Beklagten ein Motorboot, ohne dieses vor Abschluss des Kaufvertrages in Augenschein genommen zu haben. Dem Vertragsschluss vorausgegangen war eine Korrespondenz über den Kurznachrichtendienst WhatsApp. Der gewerbliche Verkäufer hatte dem Käufer ein zu erwerbendes Boot über WhatsApp vorgeschlagen. Der Käufer erwiderte auf den mitgeteilten Vorschlag, dass für ihn eine Hafenplane, ein Bimini-Top und ein Duopropantrieb mit einem Volvomotor ein Muss sei, woraufhin der Verkäufer schrieb: „Ist genau das, was ich Ihnen gestern gesendet habe.“

Bei Übergabe des gekauften Motorboots stellte der Käufer fest, dass das Boot nicht über den gewünschten Duopropantrieb verfügte. Nachdem die Aufforderung des Käufers, das Motorboot mit einem Duopropantrieb nachzurüsten, erfolglos geblieben war, erklärte der Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte vom Verkäufer den gezahlten Kaufpreis zurück. Der Rechtsstreit zwischen den Parteien konnte außergerichtlich nicht beigelegt werden, weshalb der Käufer Klage beim Landgericht Potsdam erhob. Der Käufer obsiegte (LG Potsdam, Urteil vom 20.06.2019 – 4 O 184/18), der Verkäufer legte Berufung ein.  

In der zweiten Instanz prüfte das Brandenburgische Oberlandesgericht die Rücktrittsvoraussetzungen. Dabei befasste sich das Oberlandesgericht mit der Frage, ob das Motorboot aufgrund des fehlenden Duopropantriebs mangelbehaftet war. Entscheidend war, ob die Vertragsparteien im Rahmen der WhatsApp-Korrespondenz eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen hatten. Das Oberlandesgericht urteilte, dass die Parteien verbindlich vereinbart hatten, dass das Motorboot über einen Duopropantrieb verfügen sollte. Der Käufer habe im Rahmen der geführten Korrespondenz klar zum Ausdruck gebracht, dass der Duopropantrieb für ihn ein Muss sei. Durch die Rückmeldung „Ist genau das, was ich Ihnen gestern gesendet habe,“ sei das Vorhandensein eines Duopropantriebs verbindlich zugesagt geworden. Nach dem zur Auslegung von Willenserklärungen heranzuziehenden objektiven Empfängerhorizont könne diese Antwort nur als Zusage verstanden werden betreffend der Nachricht, die der Käufer dem Verkäufer unmittelbar zuvor übersandt hatte.

Den Einwand des Verkäufers, dass der im Rahmen der Vertragsverhandlungen geführte WhatsApp-Gesprächsverlauf eine typische, schnell geschriebene Kurznachrichtenkorrespondenz beinhalte, bei der unglücklichen Formulierungen nicht dieselbe Bedeutung zugemessen werden könne, wie einer wohlüberlegten Korrespondenz, wies das Gericht zurück. Als Geschäftsmann müsse sich der Verkäufer an seinen Aussagen auch im Verlauf einer solchen Korrespondenz festhalten lassen, zumal dann, wenn, wie vorliegend, die von beiden Parteien gewählten Formulierungen gerade nicht ‚unglücklich‘, also mehrdeutig, sondern eindeutig seien.

Auch der weitere Vortrag des Beklagten stand nach Auffassung des Oberlandesgerichts der Annahme einer Beschaffenheitsvereinbarung nicht entgegen. Nach den kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften sei zwar der Käufer, der einen Mangel des Kaufobjekts bei Vertragsschluss kennt, mit seinen Rechten wegen dieses Mangels ausgeschlossen. Der Kläger habe das Boot allerdings erstmals eine Woche nach Abschluss des schriftlichen Kaufvertrages gesehen und das Fehlen des Duopropantriebs erst dann bemerkt, mithin den Vertrag nicht in Kenntnis des Mangels abgeschlossen. Dass er das Boot gleichwohl übernommen habe, so das Oberlandesgericht weiter, stehe der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen ebenfalls nicht entgegen. Dies sei nur ausnahmsweise schädlich, namentlich wenn der Verkäufer berechtigterweise davon ausgehen durfte, dass der Käufer in Kenntnis des Mangels das Kaufobjekt gleichwohl als vertragsgemäß akzeptiert. Hiervon sei nach Vortrag der Parteien aber nicht auszugehen.

Das Oberlandesgericht kam zu dem Ergebnis, dass das Boot mangels Duopropantriebs nicht über die vereinbarte Beschaffenheit verfügte, der Beklagte trotz Fristsetzung keine Nachrüstung vorgenommen habe und der Kläger in der Folge wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten sei. Das Gericht verpflichtete den Beklagten, den Kaufpreis zurückzuzahlen.

Einordnung: Beschaffenheitsvereinbarung

Die Bedeutung von Beschaffenheitsvereinbarungen beim Bootskauf hatten wir bereits hier erörtert. Auch im vorliegenden Verfahren konnte sich der klagende Käufer aufgrund der getroffenen Beschaffenheitsvereinbarung durchsetzen. Sagt der Verkäufer dem Käufer eine Beschaffenheit zu, muss er sich an dieser Zusage festhalten lassen. Die Beschaffenheitsvereinbarung muss nicht zwingend im Kaufvertrag aufgenommen worden sein. Die Vereinbarung kann auch – wie hier- im Rahmen eines Schriftwechsels oder mündlich getroffen werden; Letzteres bringt allerdings Beweisschwierigkeiten mit sich. Die Beschaffenheitsvereinbarung kann darüber hinaus konkludent, d.h. durch schlüssiges Verhalten oder stillschweigend zustande kommen.  

Hat das erworbene Boot nicht die vereinbarte Beschaffenheit, kann der Käufer die Beseitigung des Mangels verlangen. Gegebenenfalls kann der Käufer auch den Kaufpreis mindern, Schadensersatz und Aufwendungsersatz verlangen und/oder – wie hier – vom Kaufvertrag zurücktreten. Erlangt der Käufer -wie hier- bereits vor Übergabe des Bootes Kenntnis von der Existenz eines Mangels kann er zudem die Entgegenahme des Bootes verweigern, ohne dass ihm hieraus Nachteile erwachsen. Gleichzeitig sollte er den Verkäufer zur Wahrung seiner Rechte zur Mangelbeseitigung auffordern.

Fazit

1. Hat das gekaufte Boot nicht die vereinbarte Beschaffenheit, löst dies Ansprüche des Käufers gegenüber dem Verkäufer aus. Darüber muss sich Verkäufer bei der Vereinbarung einer Beschaffenheit im Klaren sein.

2. Eine Beschaffenheitsvereinbarung kann auf unterschiedliche Weise zustande kommen. Eine schriftliche Fixierung im Kaufvertrag ist beim Bootskauf für die Annahme einer Beschaffenheitsvereinbarung nicht erforderlich. Es ist ausreichend, dass eine bestimme Beschaffenheit von den Vertragsparteien auf irgendeine Art und Weise vereinbart wurde.