Winterlager: Pflichten des Winterlagerbetreibers und des Bootseigners

Die meisten Sportboote überwintern an Land, häufig im Winterlager einer Marina. Vertragsgrundlage ist meist ein Mietvertrag, denkbar ist aber auch die Ausgestaltung als Lagervertrag. Ist der Vertragstyp unklar, etwa weil das Vertragswerk interpretationsbedürftig ist oder nur eine flüchtige, mündliche Absprache getroffen wurde, ist die maßgebliche Vertragsart anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Dies ist deshalb bedeutsam, da die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien je nach Vertragsart erheblich voneinander abweichen.

Miet- oder Lagervertrag?

Die Abgrenzung eines Mietvertrags über eine Lagerfläche (§ 535 BGB) von einem Lagervertrag (§ 467 HGB) kann Schwierigkeiten bereiten. Der Mietvertrag über eine Lagerfläche einerseits und der Lagervertrag andererseits unterscheiden sich dadurch, dass beim Lagervertrag der Lagerhalter selbst oder ein von ihm beauftragter Dritter die Lagerung und Aufbewahrung besorgt, während beim Mietvertrag über die Lagerfläche der Mieter selbst lagert und aufbewahrt (OLG Dresden, Beschluss vom 08.03.2021 – 5 U 2247/20). Nimmt der Winterlagerbetreiber das in die Räumlichkeiten verbrachte Boot also selbst in Obhut, d.h. verpflichtet er sich zur Sicherstellung von geeigneten Maßnahmen zum Schutz des Verwahrguts vor Beschädigung, Zerstörung und Verlust, liegt ein Lagervertrag vor (vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 22.08.2022 – 16 U 114/21). Beschränkt sich der Vertragspartner indes nur auf die Gebrauchsüberlassung der Räumlichkeit, während der Mieter die Obhut für das in den Mieträumen befindliche Gut selbst hat und für dessen ordnungsgemäße Aufbewahrung selbst zu sorgen hat, ist ein Mietvertrag anzunehmen.

Der Bezeichnung des Vertragswerkes als Lager – oder Mietvertrag kommt bei der Beurteilung des einschlägigen Vertragstypus allenfalls eine Indizwirkung zu. Auch der Umstand, dass der Zugang zum Winterlager von der Mitwirkung des Winterlagerbetreibers abhängig ist, spricht nicht für einen bestimmten Vertragstyp. Entscheidend ist, wie gesagt, ob im Rahmen der Vereinbarung eine Obhuts- und Verwahrungspflicht als Hauptpflicht übernommen wird oder nicht (OLG Dresden, Beschluss vom 08.03.2021 – 5 U 2247/20; OLG Schleswig, Urteil vom 22.08.2022 – 16 U 114/21).

Pflichten des Bootseigners und des Winterlagerbetreibers

Die Hauptpflicht des Bootseigners ist die Leistung der vereinbarten Vergütung. Gibt es keine anderweitigen Abreden, besteht die Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Vergütung beim Lagervertrag allerdings nur, wenn das Boot tatsächlich eingelagert wurde (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 17.08.2012 − 10 U 26/11). Anders beim Mietvertrag. Die Zahlungsverpflichtung entsteht dort mit Überlassung des Winterlagers, unabhängig davon, ob der Eigner sein Boot tatsächlich dorthin verbringt.

Zu den Hauptpflichten des Winterlagerbetreibers gehört bei Bestehen eines Mietvertrages die Bereitstellung des Winterlagerplatzes in vertraglich vereinbartem Zustand sowie die Sicherstellung der ungestörten vertragsgerechten Nutzung. Kommt der Winterlagerbetreiber dem nicht nach, d.h. erweist sich das Winterlager als mangelhaft (z.B. fällt bei einer als beheizt angebotenen Halle die Heizung aus) ist der Eigner zur Minderung der Vergütung berechtigt.

Die Leistungspflichten des Winterlagerbetreibers beim Lagervertrag sind, dies klang bereits an, weitreichender. Der Winterlagerbetreiber ist verpflichtet, das ihm übergebene Boot zu lagern und aufzubewahren. Dazu gehört, dass er das Lagergut sachgemäß einlagert, es dabei vor drohenden schädigenden Einflüssen sichert, vor rechtswidrigem Zugriff Dritter bewahrt, die Lagerung und Aufbewahrung gehörig überwacht, mithin alle nötigen Vorkehrungen trifft, um das ihm übergebene Gut in seinem wirtschaftlichen Bestand gesichert zu lagern und aufzubewahren, so dass es nach Beendigung des Lagergeschäfts dem Einlagerer oder dem dann Berechtigten zurückgegeben werden kann (Münchener Kommentar zum HGB, § 467, Rn. 17).

Die umfassenden Pflichten des Winterlagerbetreibers sind Anknüpfungspunkt für ein strenges Haftungsregime. Nach § 475 HGB haftet er für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Lagerung bis zur Ablieferung entsteht, außer wenn der Schaden durch die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht abgewendet werden konnte (vgl. auch OLG Schleswig, Urteil vom 22.08.2022 – 16 U 114/21). Der Eigner trägt demzufolge die Beweislast dafür, dass das Boot dem Winterlagerbetreiber unversehrt übergeben wurde und beschädigt wieder herausgelangt ist, während der Winterlagerbetreiber zu seiner Enthaftung darzutun hat, wie der Schaden entstanden ist und dass dieser auch mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht abgewendet werden konnte (OLG Brandenburg, Urteil vom 16.12.2020 – 7 U 45/19). Haftungsrelevant und mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht in Einklang zu bringen ist etwa die unzureichende Absicherung des Winterlagers vor dem Eindringen Unbefugter (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 16.12.2020 – 7 U 45/19).

Beschädigt der Winterlagerbetreiber oder ein Mitarbeiter das Boot oder kommt es aufgrund von Mängeln am Gebäude zu einem Schaden, haftet der Winterlagerbetreiber selbstverständlich auch bei Bestehen eines Mietvertrages. Allerdings ist die Beweislastverteilung nicht so günstig wie bei einem Lagervertrag. Die Beschädigung des Bootes seitens des Winterlagerbetreibers muss im Streitfall der Eigner darlegen und beweisen, der schlichte Hinweis, dass das Boot unbeschädigt ins Winterlager gebracht wurde und nunmehr einen Schaden aufweise, reicht nicht.

Fazit

Der Abschluss eines Lagervertrages erweist sich aus Sicht des Winterlagerbetreibers als die schlechtere Variante. Daher ist es wenig überraschend, dass die Winterlagerbetreiber die Winterlagerplätze regelmäßig vermieten und den Abschluss eines Lagervertrages vermeiden. Sollte der Vertragstyp einmal unklar und streitig sein, kann eine aus Sicht des Winterlagerbetreibers ungünstige Einordung als Lagervertrag weitreichende Folgen für die Leistungspflichten und die Haftungsrisiken haben.